„Wir sind ne lustige Truppe, da passen die Clowns prima rein“

Treffender kann man das fröhliche Aufeinandertreffen der Clownin Fluse und ihrer Freundin Canelloni mit den Bewohnern des Pflegeheim Wichernhaus wohl kaum umschreiben. Hier haben sich genau die Richtigen gefunden, um Humor, Lebensfreude, Phantasie und Spiel in den Alltag der Bewohner zu bringen und nicht nur deren Wohlbefinden, sondern auch das der Angehörigen und der Mitarbeiter zu steigern.

Die Idee, Klinikclowns als Therapieangebot in einem Pflegeheim zu probieren, kam Martin Wäldele bereits 2009. „Ich kam bei einer Tagung mit Kollegen erstmal damit in Berührung und war sofort begeistert“, erinnert sich Wäldele. Schnell war die Idee geboren, dies auch im Wichernhaus auszuprobieren – auch wenn die Situation hier anders als im Krankenhaus ist. Die Besonderheit bei der Arbeit der Klinikclowns liegt in der Intimität und der Empathie bei der Begegnung mit kleinen und großen, sehr jungen und schon sehr betagten Menschen mit ihren individuellen Bedürfnissen – das alles auf sehr kleiner Bühne, nämlich dem Krankenzimmer. Im Wichernhaus betreten die Clownetten allerdings häuslichen Raum und erhalten einen Einblick in die Privatsphäre der Bewohner. Es geht dabei nicht nur um kurzweilige Ablenkung, sondern vielmehr darum ältere Menschen aus ihrer manchmal isolierten Welt für einen kurzen Augenblick herauszuholen. Diese wichtige Aufgabe übernahm Angelina Haug 2009 und brachte über viele Jahre Lebensenergie und kreative Impulse ins Haus.

Seit Anfang 2018 ist nun Fluse, die mit bürgerlichem Namen Stefanie Schnitzler heißt, zweimal im Monat in der Rheingoldstraße 27 unterwegs und holte auch ihre Kollegin Karin Dörlich ins Boot „weil zwei Clowns noch schöner sind als einer“. Als Dramaturgin kennt Schnitzler das Theater und das Spiel mit Gesten, Sprache und Mimik bestens. „Aber die Situation im Theatersaal erzeugt immer eine Abgrenzung zwischen Schauspielern und Zuschauern. Durch meine Arbeit als Clownin kann ich diesen Graben überwinden und bin ganz nah an den Menschen dran“, beschreibt Fluse ihre außergewöhnliche Tätigkeit. Nah dran am Menschen – das entspricht genau dem Motto der Gemeindediakonie und daher passt die Zusammenarbeit so gut.

Im Pflegeheim übernehmen die Clowns keine Funktion, die außerhalb der Grenzen ihrer künstlerischen Aktivitäten liegt. Ihre Aufgabe besteht darin, Bewohner und deren Angehörige dabei zu unterstützen, besser mit dem Aufenthalt in der jeweiligen Einrichtung umzugehen. „Ich bin, was du dir wünscht – was du genau in diesem Moment brauchst“, erklärt Stefanie Schnitzler die Grundidee. Der Clown hat anders als Familie oder Pflegepersonal keine konkrete Aufgabe oder Beziehung zum Bewohner. Er oder sie kann ganz konkret auf den akuten, individuellen Wunsch des Bewohners eingehen – selbst wenn es bedeutet, dass die Clownin aus dem Zimmer geschmissen wird. Die Bewohner entscheiden eigenständig, ob sie mit Fluse interagieren oder in Ruhe gelassen werden möchten.

Derzeit freut sich das Wichernhaus sogar über zweifachen Clownetten-Besuch: Aufgrund der Spende von xundlachen e.V. kann das Duo aus Fluse und Canelloni gemeinsam für 6 Monate für zusätzliches Lachen in Neckarau sorgen. „Wenn wir zu zweit in ein Zimmer kommen, ist der Patient entlastet. Er oder sie muss sich nicht in die Szene einbringen, sondern kann auch einfach nur beobachten“, erklärt Karin Dörlich die besondere Spielsituation. „Es ist einfach ideal, wenn ich einmal alleine und einmal mit Canelloni interagieren kann – so können wir sehr individuell auf die Bedürfnisse der Bewohner und Bewohnerinnen eingehen“, ergänzt Fluse.

Spätestens wenn Fluse und Canelloni das Kufsteinlied anstimmen, ist das Eis gebrochen. Gemeinsam erklingt auf den Fluren „Ja, das ist Kufstein dort am grünen Inn“ und sofort fühlt man, wie die Bewohner in schönen Erinnerungen schwelgen und kurz vom Alltag abgelenkt werden. „Die Clowns bringen Leben ins Haus. Das gefällt uns einfach. Wir sind froh, dass wir sie haben“, berichten mehrere Bewohnerinnen einstimmig. Gemeinsam wird getanzt, gesungen, geredet und manchmal auch nur beieinander gesessen. So wundert es nicht, dass beim Abschied die Bewohner und die Clownetten sowohl ein lachendes, als auch ein weinendes Auge haben. Zum Glück steht der nächste Besuch aber ja schon im Kalender.